Birkenbusch, Dodepuhl? Diese Wörter dürften wohl nur noch ältere Bürger aus Kirkel, Limbach und Altstadt kennen. Die Jüngeren unter uns können vielleicht nichts damit anfangen. Und selbst viele Alteingesessene wissen nicht, dass hinter diesen Begriffen Sagen aus unserer Gemeinde stecken. Über die Jahrhunderte entstanden hier zahlreiche solcher spannenden Geschichten, die über Generationen meist nur mündlich weitergegeben wurden.
Um dieses wertvolle Kulturgut zu erhalten, hat es sich der Heimat- und Verkehrsverein Kirkel e.V. zur Aufgabe gemacht, die Geschichten zu sammeln. Über mehrere Jahre trug das Forscherduo bestehend aus Gunter Altenkirch und Thomas Marx Überlieferungen, Erzählungen und Berichte von Zeitzeugen zusammen. Daraus entstand das Buch „Birkenbusch und Dodepuhl“, in dem alle rund 70 Sagen und Geschichten unserer Gemeinde mitsamt interessanten Hintergrundinformationen vorgestellt werden.
Die Beschäftigung mit der Vergangenheit hat sich als wirksames Heilmittel gegen Einsamkeit erwiesen, ganz besonders unter älteren Menschen. Gerade jetzt, in dieser schwierigen Corona-Zeit, möchten wir Ihnen einen Einblick in die Geschichte unserer Gemeinde ermöglichen und Sie zu einer kleinen Reise in die hiesige Sagenwelt einladen. Jede Woche bis Weihnachten präsentieren wir Ihnen eine spannende Geschichte aus dem Sagenbuch – zum Selberlesen, Vorlesen oder Vorlesen lassen.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß und eine besinnliche Vorweihnachtszeit!
Folge 3 von 5: Der Butterhut
Ist man […] zur Hälfte die Straße von Bierbach nach Lautzkirchen gewandert, so kommt man zur Rechten bald an ein liebliches Wiesentälchen, das hier das bewaldete Bergmassiv durchschneidet. Auf niederm Steinsockel steht hier, hart an der Landstraße, ein altes Holzkreuz. Es soll, weiß Gott, wie oft schon, vor Alter zusammengebrochen, aber stets wieder erneuert worden sein.
Bei ihm, um dessen Ursprung niemand weiß, soll es bei Nacht nicht geheuer sein. Späten, ohne Begleitung Vorübergehenden erscheint gerade auch hier der Butterhut, also doch auch zwischen den Waldbergen. Das aber ist ein über aus häßlicher, wie auch äußerst tückischer Klotz, also ein gefährlicher Gnom. Und wehe, wem er einmal auf den Rücken springt, er muß ihn trotz allen Sträubens bis nach Bierbach oder Lautzkirchen tragen, wo er dann ebenso geheimnisvoll verschwindet, wie er gekommen ist. Gingen nun die Burschen früher nachts von auswärts kommend übermütig spöttelnd am Butterhutkreuz vorbei, so riefen sie:
"Butterhut, Butterhut, komm ich trag dich gut"
Aber dann kam er nicht. Jedoch merkte er sich die Spötter gut und plagte sie dann später umso mehr, wenn sie einmal allein vorüber kamen. So ging denn in jungen Jahren auch einmal der alte Royan mit Wörschweiler Buben spät nachts vorüber und rief nach dem Butterhut. Weil er advent (also hellsichtig) war, sah er, was die andern Buben nicht sehen konnten: Der Butterhut aber saß klein und häßlich, einem alten Baumstumpf ähnlich, voller Zorn lauernd hinter seinem Kreuz und sagte nichts. Aber er schwur allen Rache und nahm sich später im Laufe der Jahre einen nach dem andern auf's Korn. Von jedem ließ er sich in eines der Dörfer vor dem Wald tragen und jeder spürte daß er über einen Zentner butterähnliches Zeug schleppte. Ganz schmierig, krötenähnlich war der Klotz und roch sehr nach Fett. Dazu hatte er unendlich blöde Augen, eine träufelnde Nase und eine borstige Haut voller Rinnsale. Der Mund war grausig groß. Ein häßlicher Geist war dieser Gnom schon, das mußte man sagen. Und man konnte ihn schon fürchten, wenn er auf einem saß und dumpf kicherte:
"Ich bin der Butterhut, der Butterhut! Hoppla, hopp, jetzt trag mich gut!"
Einst ging Royan dann auch noch spät nachts ohne Begleitung nach Lautzkirchen. Von weitem schon sah er den Butterhut am Kreuze buttergelb und ölig, glitschig, ganz geduckt lauern. Drum ging Royan nicht allzunahe am Kreuz vorbei und sah über seine Schulter heimlich hinweg. Da gewahrte er, wie der Butterhut ihm leise nachwatschelte. Immer wieder setzte er vergeblich zum Sprung auf seinen Rücken an, denn Royan eilte dann jedes Mal etwas schneller zur linken Wegseite hin, wo eine kleine Böschung hinunter in die Wiesen lief.
Hier blieb er stehen und tat, als sähe er den Gnom immer noch nicht. Da machte dieser endlich seinen gewohnten Sprung und dachte sich sicherlich schon auf Royans Rücken. Aber der advente Wandersmann war auf der Hut. Er bückte sich blitzschnell tief zu Boden, so daß der Butterglänzende, hutähnliche Zwergklumpen in hohem Bogen weiterflog und grad die Böschung hinunter purzelte, um zu verschwinden. Denn so hatte ihm doch noch keiner mitgespielt. Seither wurde er nicht mehr gesehen. Aber immer noch erzählen die Alten von diesem originellen Waldgeist vom Pirminswald und darum fürchtet sich noch mancher heute, spät in der Nacht allein längs des alten Kreuzes zu gehen.
Möchten Sie mehr über die Sagen der Gemeinde Kirkel erfahren oder suchen Sie noch Lesestoff für einen gemütlichen Winterabend? Diese und weitere Geschichten finden Sie in dem Buch „Birkenbusch und Dodepuhl“, erhältlich beim Heimat- und Verkehrsverein Kirkel e.V.; Preis: 17,- €, zzgl. 2,20 € Versand. Bei Interesse rufen Sie uns an unter 06841 / 8098-40 oder schreiben eine E-Mail an kultur@kirkel.de.